Der Verein in der Zeit des Nationalsozialismus
1934
Vor der Generalversammlung am 5 März hielt Oberamtsbaumwart Strobel einen Lichtbilder- vortrag über richtige und falsche Baumpflege, zu dem auch die zwei ältesten Jahrgänge der Schule, wie auch ihre Lehrer anwesend waren. Bei der anschließenden Generalversammlung wurden die Ausschussvorschläge (Die Verwendung des Gewinns der letztjährigen Obstaus- stellung sollte zur Verbilligung von Spritzmitteln, wie auch die Halbierung der Spritzenaus- leihgebühr für Vereinsmitglieder verwendet werden) ohne Gegenstimmen angenommen.
Die Versammlung fand nicht mehr in einem Gasthaus, sondern im Adolf-Hitler-Haus (gegen- über des heutigen Feuerwehrgerätehauses), an der Ecke Brunnenstrasse, Walkmühlenstrasse) statt. Der Obstbauverein blieb eine selbstständige Organisation, war aber der Ortsbauern- schaft unterstellt, wozu Ortsbauernführer Karl Blessing einige Erklärungen zum Verhältnis der beiden Vereine zueinander abgab.
1935
Am 20. Januar wurde den Obstbauvereinen auf einer Bezirksversammlung in Waiblingen, die ab jetzt geltenden Vorschriften für die Vereine mitgeteilt. Die Selbstbestimmung und Selbst- verwaltung der Vereine wurde praktisch beendet.
Der Obstbauverein wurde zur Ortsfachgruppe Obstbau umbenannt und von einem Ortsfach- wart geleitet. Dieser wurde von der Versammlung vorgeschlagen, musste aber vom Bezirks- fachwart bestätigt werden. Der Ortsfachwart ernannte dann seinen Beirat, der aus dem Ge- meindebaumwart, dem Ortsbauernführer, sowie zwei bis drei Beisitzern bestand, die auch das Amt des Schriftführers und des Kassiers ausführen durften. Der jährliche Beitrag an die Fach- gruppe Obstbau sollte mindestens 50 Pfennige, die einmalige Eintrittsgebühr für Neumitglieder mindestens eine Reichsmark betragen.
Von nun ab wurden vom Schriftführer die alten deutschen Monatsnamen verwendet, weshalb der Ausschuss am 10. Hornung (Februar) zusammentrat. Um festzustellen, welche Baum- besitzer noch nicht Mitglied in der Ortsfachgruppe sind, wurde bei Kassier Betsch die Mit- gliederliste überprüft. Diese Baumbesitzer mussten auch der Ortsfachgruppe beitreten, ihnen wurde aber als einmalige Vergünstigung, das von der Bezirksfachgruppe festgesetzte Eintritts- geld von einer Reichsmark erlassen.
Die Generalversammlung am 16. Lenzing (März) fand im Gasthof Lamm statt. Vor 15 an- wesenden Mitgliedern hielt Landwirtschaftsrat Winkelmann einen Vortrag im Stil der natio- nalsozialistischen Propaganda. Deutschland habe im letzten Jahr 260 Millionen Reichsmark für die Einfuhr von Obst und Südfrüchte benötigt, dies sei ein Grund, alle Kraft dafür aufzu- bringen, diese Zahl zu vermindern. Durch sachgemäße Kronen- und Baumpflege, richtige Düngung, richtige Schädlingsbekämpfung und sachgemäßes Ernten, könne man diese Mehr- erzeugung von wertvollem Tafel- und Wirtschaftsobst erreichen. Während der Versammlung erschien dann Bürgermeister Pflugfelder mit der Nachricht, dass die allgemeine Wehrpflicht soeben als Gesetz verkündet worden sei.
Der Vereinsausflug mit dem Omnibus von Vollmer nach Hohenheim wurde aus der Vereins- kasse bestritten, Neueingetretene erhielten 50 Pfennige angerechnet, den Rest mussten sie selber bezahlen. Zur besseren Schädlingsbekämpfung empfahl Fachwart Blessing, beim Rund- gang am 15. September das Anlegen von Leimgürteln. Der Leim sollte vom Verein bestellt und dann zum Selbstkostenpreis an die Mitglieder abgegeben werden.
1936
Zur Generalversammlung am 2. Februar waren 59 Mitglieder im Gasthof zum Löwen erschie- nen. Fachwart Blessing und Schriftführer Braun berichteten über das Vereinsleben und Kassier Betsch konnte einen Bestand von 101 Vereinsmitgliedern, sowie einen Kassenstand in Höhe von 128 Reichsmark melden. Ortsbauernführer Karl Blessing sprach zum Ende der Veran- staltung der Fachgruppe und ihrem rührigen Fachwart den Dank der Ortsbauernschaft aus.
Aus den restlichen spärlichen Eintragungen im Jahr 1936 kann man im Protokollbuch noch entnehmen, dass der geplante Vereinsausflug nach Affaltrach und Lehrensteinsfeld im Unter- land, nicht statt fand.
1937
Auf der Generalversammlung am 14. Februar im Gasthof Lamm bat Kassenwart Betsch dieses Amt abgeben zu dürfen, Christian Börner wurde sein Nachfolger. Die 30 anwesenden Mitglie- der ernannten Johann Betsch zum Dank für seine Arbeit zum Ehrenmitglied. Auch Schrift- führer Braun legte sein Amt nieder, sein Nachfolger wurde Vereinsmitglied Karl Rinker.
Am 3. und 4. Juni führte der Vereinsausflug, auf Vorschlag von Ortsbauernführer Karl Bles- sing, die Vereinsmitglieder zur Reichsnährschau nach München.
Der Ausschuss kam am 7. Juli im Rathaus zusammen, um die Erntemenge für dieses Jahr zu schätzen. Leutenbach habe 9567 Bäume, die sich folgendermaßen aufteilten
Man nahm an, dass man etwa 6500 Zentner Obst ernten würde, wovon 3500 Zentner im Ort Verwendung finden würden, 3000 Zentner könne man verkaufen. Schriftführer Rinker ver- merkte im Protokollbuch später, man habe annähernd 12000 Zentner Obst verkauft, was etwa 50000 Reichsmark eingebracht habe. Man könne sehen, was durch das Obst für Geld in den Ort hereinkomme.
Die Obstbauvereine wurden immer mehr vor den Karren des nationalsozialistischen Regimes gespannt. Auf einer Versammlung in Korb, an der Fachwart Blessing und Baumwart Rinker teilnahmen, gab Obstbauinspektor Strobel die Richtlinien für die Einrichtung von Sammel- stellen bekannt. In jeder Gemeinde soll eine Sammelstelle eingerichtet werden, die unter der Leitung des Geschäftsführers und unter der Aufsicht eines ehrenamtlichen Leiters steht. Sitz der Bezirksabgabestelle für Leutenbach sei Winnenden, weitere Instruktionen würden den demnächst aufgestellten Sammelstellenleitern bekanntgegeben.
1938
Die nächste Generalversammlung fand am 9. Januar 1938 im Gasthof zum Lamm statt. Sie war gut besucht und Vereinsführer Friedrich Blessing ging im Rückblick auf das vergangene Jahr noch einmal auf die Rekordernte und die mangelnde Beteiligung der Vereinsmitglieder an den Rundgängen ein.
Am 8. Mai befasste sich der Ausschuss im Rathaus mit der Anschaffung einer Motorspritze. 20 % des Anschaffungspreises wurden von der Bezirksabgabestelle Winnenden genehmigt, 30 % von der Gemeinde bewilligt, das fehlende Geld sollte durch Zeichnen von Gutscheinen durch die Mitglieder aufgebracht werden. Reiche dies nicht, wolle man Geld auf der Darlehens- kasse aufnehmen. Mit der Motorspritze sollte das Gewann Großäcker und das Gebiet zwischen Bach und Affalterbacher Strasse gespritzt werden. Die Wasserbeschaffung für die Spritze sollte im Akkord vergeben werden und Nichtmitglieder sollten für das Spritzen 25 Prozent mehr, als Vereinsmitglieder, bezahlen. Die Spritzgelder wurden von F. Schneider kassiert.
1939
Fachwart Blessing bezeichnete auf der Generalversammlung am 15. Januar im Gasthaus zum Lamm, das Obstjahr 1938 als das schlechteste der letzten Jahrzehnte. Auf Anordnung des Kreisamtes solle in diesem Jahr ein größerer Teil der Obstanlagen gespritzt werden. Dies sei aber nur von Erfolg, wenn man die Obstbäume sachgemäß dünge und behandle. Die gekaufte Motorspritze solle bald eintreffen. Mit der Hoffnung auf ein gutes Obstjahr wurde die Versammlung geschlossen.
Mit der neuen Motorspritze führte man ab dem 1. März die Frühjahrsspritzung durch. Fast 60000 Liter Spritzbrühe wurden ausgebracht, am Tag schaffte man zwischen 5000 und 5500 Liter, wobei ein Liter mit 2,8 Pfennigen zu Buche schlug. Im Sommer wurde wenig gespritzt und die wichtige Spätschorfspritzung konnte wegen Regenwetter nicht durchgeführt werden. Trotz schlechter Ernte wurden von der Sammelstelle 4000 Zentner Obst erfasst, für die ein guter Obstpreis erzielt werden konnte. Dies bestätigte wieder, dass der Obstanbau zu den Haupteinnahmequellen des Landwirtes zählt.
Da Hitler im September 1939, mit dem Überfall auf Polen, den 2. Weltkrieg entfesselt hatte, wurden viele Vereinsmitglieder zum Kriegsdienst eingezogen. Dies hatte zur Folge, dass das Vereinsleben fast vollständig zum Erliegen kam.
1940 - 1946
Für diese Jahre finden sich nur noch wenige Eintragungen im Protokollbuch. Eine wichtige Aussage des Schriftführers aus dem Rückblick auf das Jahr 1940, trifft auch auf die folgenden Jahre zu.
“Der Krieg forderte auch von uns Opfer, denn einige von unseren besten Pionieren des Obstbaus sind auch zum Kriegsdienst ein- gezogen worden. So ist es natürlich kaum möglich, dass die Wenigen, die noch zuhause sind, mit der Obstbaumpflege fertig werden”!